Spiel mit der Topografie
Das Schulhaus Bachtal in Ennetbaden ist das Erstlingswerk von Luc Kummer und Martin Schiess. Die jungen Architekten erklären, wie sie gestalterisch mit der besonderen Topografie des Bauplatzes umgegangen sind.
Herr Kummer, Herr Schiess, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Luc Kummer: Ennetbaden und das Schulhausareal sind geprägt durch eine eindrückliche Topografie: Der Limmatbogen, die Geländeterrasse, Lägern und Geissberg als erste Juraausläufer sowie Kunstbauten im Untergrund und die Hangneigung bestimmen den Bauplatz. Wir haben schon früh im Wettbewerb erkannt, dass durch eine optimierte Setzung des Gebäudes auf der Geländekante und zwischen den unterirdischen Kunstbauten das Schulhaus von aussergewöhnlichen Ausblicken und einer ebenerdigen Erschliessung über drei Geschosse profitieren kann.
Martin Schiess: Neben der Topografie und den Bezügen zur Umgebung waren die Bauten und Anlagen im Untergrund prägend für den Entwurf. Einerseits unterquert der Goldwandtunnel, die 2006 erstellte Umfahrung des Dorfzentrums von Ennetbaden, das Schulhausareal, andererseits befindet sich unter der heutigen Lernlandschaft mit dem ehemaligen «Posttäli» ein mehrgeschossiges Parkhaus.
Luc Kummer: Bereits vor dem Wettbewerb wurden die Schülerinnen und Schüler von der Schulleitung in Workshops befragt, wie sie sich ein neues Schulgebäude vorstellen. Die Ergebnisse flossen in die Wettbewerbsgrundlagen ein. In der Projektierungsphase wurden im Austausch mit der Schulleitung und den Lehrpersonen sowie in Workshops mit den Schülerinnen und Schülern Bereiche im Gebäude festgelegt, deren Nutzung und Gestaltung in einem partizipativen Prozess entwickelt werden konnte. Auf den Schulgeschossen verbindet ein zweistöckiges Möbel zum Toben, Klettern und Rutschen zwei Räume. In den Klassenzimmerschränken und den Garderoben sind Nischen als individuelle, zurückgezogene Lernbereiche eingebaut. Die Farbgestaltung der Nasszellen wurde von den Kindern bestimmt, und im Aussenraum durften sie an ausgewählten Tagen mitbauen.
Martin Schiess: Wir verfolgten von Anfang an das Ziel einer hohen räumlichen Flexibilität. Das Rahmentragwerk in Form von fünf gestapelten Hallen erlaubt im Inneren grundsätzlich eine freie Raumaufteilung. So konnten Nutzerwünsche zum Raumprogramm und der Raumaufteilung gut in die Planung integriert werden. Beispielsweise wurde das Geschoss für Textiles- und Technisches Gestalten, kurz TTG, im Dialog mit der Schulleitung komplett neu konzipiert. Auch wurde nachträglich ein grösserer Schutzraum ins Projekt integriert, was aufgrund der Hanglage gut machbar war, aber grossen Einfluss auf das Haustechnikkonzept und die Lage des Technikraums hatte. Zudem haben wir aufgrund des Kostendrucks das Holztragwerk durch ein Betontragwerk ersetzt und den Glasanteil der Fassade reduziert. Das Rahmentragwerk blieb jedoch unabhängig vom Material das tragende Gerüst des Entwurfs.
Luc Kummer: Energetische und gesellschaftliche Aspekte sind uns bei unserer Arbeit generell wichtig. Beim Schulhaus Ennetbaden haben wir speziell auf eine hohe Nutzungsflexibilität, Nutzer- und Schülereinbezug und Systemtrennung geachtet. Auch eine robuste Bauweise, die den Unterhalt und die Lebenszykluskosten gering hält, war uns wichtig. Wo es möglich war, haben wir nachwachsende und CO2-reduzierte Materialien verwendet.
Neubau Schulhaus Bachtal Ennetbaden
Standort
Grendelstrasse 9, 5408 Ennetbaden
Nutzung
Schulhaus
Auftragsart
Selektiver Wettbewerb 2018, 1. Rang
Bauherrschaft
Gemeinde Ennetbaden AG
Architektur
KUMMER/SCHIESS Architekten GmbH, Zürich ZH
Fachplaner
Landschaftsarchitekt: Maurus Schifferli Landschaftsarchitekten AG, Bern
Bauingenieur: Büro Thomas Boyle + Partner AG, Zürich
Fassadenplanung Treppenturm: Mebatech AG Ingenieurbüro für Metallbautechnik, Baden
Elektroplanung: Gutknecht Elektroplanung AG, Au
Haustechnikplanung: energiehoch4 AG, Zürich
Sanitär- und Werkleitungsplanung: RMB Engineering AG, Zürich
Bauphysik und Brandschutz: mühlebach partner ag, Winterthur
Bauleitung
WT Partner AG, Zürich
Fertigstellung
2023
Gesamtkosten BKP 1–9
17.8 Mio inkl. MWST
Gebäudekosten BKP 2
14.3 Mio inkl. MWST
Gebäudevolumen
13'505 m3
Energiestandard
Minergie
Kunst am Bau
Navid Tschopp, Zürich: Metalldecke im Treppenturm, an die die Kinder farbige Magnete werfen.
Fotos
Roland Bernath und Thomas Haug