13. Architekturbiennale in Venedig

Juho Nyberg, Franziska Quandt
17. Mai 2012
Gemeinsamkeiten sollen die 13. Architekturbiennale prägen (Bild: labiennale.org)

«Common Ground» steht als Leitgedanke der 13. Internationalen Architektur Biennale in Venedig. Am 10. Mai stellte der Kurator und Architekt David Chipperfield sein Ausstellungskonzept im Kunsthaus Zürich vor. Nach Chipperfield wurde Architektur in der letzten Zeit mehr und mehr zu einem Schaulaufen individueller Architekten, einer Aneinanderreihung kommerzieller Monumente. Mit seinem Leitthema der 13. Architekturbiennale will er den Blick zurückführen zur Gemeinschaft. Unter dem Leitmotiv «Common Ground» lud der Kurator die Architekten ein, ihre Konzepte und Exponate zu präsentieren und forderte diese wiederum dazu auf, selbst Beteiligte vorzuschlagen. Sie sollten nicht primär ihr eigenes Können präsentieren, sondern vielmehr Kooperationen bilden, um den Austausch und die Diskussion zwischen den Architekten und ihrer Umwelt anzustossen. Dadurch soll die Auswahl der Teilnehmer bunter werden. Durch die Kooperationen entsteht die Chance gemeinsame Vorlieben, Arbeitsstrategien und Konzepte zu entwickeln und in der Zusammenarbeit neue Wege im Umgang mit Architektur und ihrer Umwelt zu entdecken. Eine reiche Ernte ist zu wünschen.

Die Vorstellung, abends mit Kollegen in einer Bar bei einem Whiskey zusammen zu sitzen und über Architektur zu reden, soll sich auf der Biennale wiederholen: Architekten sitzen zusammen und diskutieren auf «öffentlichem Grund» die verschiedenen Wege, die Architektur betreten kann. Eine Provokation? Es ist doch wohl eher ein Gemeinplatz. Denn die Veranstaltungen, die kooperative Architektur zum Thema machen, sind vielzählig. Allerdings findet die Biennale in grossem Rahmen und unter internationaler Aufmerksamkeit statt. Und man mag glauben, dass David Chipperfield mit seinem Konzept den Architekturdiskurs neu befruchten kann.

«And Now the Ensemble»: Das Kollektiv steht im Vordergrund im Schweizer Beitrag (Bild: prohelvetia.ch/www.biennials.ch)

Kollektiv als Schweizer Beitrag
Am selben Tag fand bei der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia die Präsentation des Schweizer Pavillons statt. Der Architekt und ETH-Professor Miroslav Šik vertritt bei der diesjährigen Architektur Biennale die Schweiz. Der Verfechter der «analogen Architektur» hat für den Schweizer Beitrag zur Architekturbiennale den programmatischen Titel «And Now the Ensemble!» gewählt. In Zusammenarbeit mit den beiden befreundeten Architekturbüros Knapkiewicz + Fickert aus Zürich und Miller & Maranta aus Basel präsentiert Šik im Hauptsaal des Schweizer Pavillons ein visuelles Manifest, das seine Haltung zur Notwendigkeit des Dialogs jedes Gebäudes zu seiner Umgebung proklamiert.

Verfechter der analogen Architektur: Miroslav Šik (Bild: prohelvetia.ch/www.biennials.ch)

Collagierte Stadtbausteine
Ganz im Sinne des Biennale-Kurators David Chipperfield erarbeiteten die drei Büros ein Konzept, das nicht primär einfach ihre Werke präsentiert, sondern gebührend Rücksicht nimmt auf den Bestand: die Architektur des Pavillons des kürzlich verstorbenen Architekten Bruno Giacometti. Mit einer Fotoemulsion auf vier Wänden werden rund fünfzig Projekte der drei Büros als Fresco auf die Aussenwände gelegt. Die Collage der verschiedenen Arbeiten bildet sich an den Wänden als stadtartiges Ensemble ab. So fügt sich das Konzept im Stillen in die bestehende Architektur Giacomettis und bildet doch eine neue Komposition. Was im Modell der Pressekonferenz klein zu sehen war, wird sich dann auf der Biennale im Grossen zeigen: Ein lichter Raum, an dessen Wänden sich eine Stadtlandschaft entwickelt. Ein Spiel kreativer Geister im Zusammenwirken mit bestehender Architektur, Licht und Raum. Im Nebenraum, dem «Saal der Referenzen», werden etwa 600 Bilder gezeigt von Architekten und ihren Arbeiten, die ihre Architektur im selben Kontext betreiben. Der Bogen spannt sich von Venedig mit Ignazio Gardella im Neo-Liberty über den Schweizer Landesstil bis zum Regionalismus. Der «Saal der Referenzen» zeigt natürlich auch die Linie, an die Miroslav Šik und seine Kolleginnen und Kollegen anknüpfen, indem sie sich mit ihrer Arbeit behutsam in die bestehende Substanz einfügen und mit ihr kollaborieren, statt sich als Einzelner hervor zu heben.

Erste Vision des Ausstellungskonzeptes (Bild: prohelvetia.ch/www.biennials.ch)

Spannendes Rahmenprogramm
Als Begleitprogramm ergänzt die Pro Helvetia, seit diesem Jahr Hauptverantwortliche für den kulturellen Auftritt der Schweiz an den Kunst- und Architekturbiennalen, die Ausstellung von Miroslav Šik mit dem «Salon Suisse» im Palazzo Trevisan degli Ulivi. Hier werden Lesungen, Referate sowie Vorführungen stattfinden aber auch Diskussionsrunden die den Austausch der Fachkreise anregen soll. Zur Eröffnung lädt am 28. August der Londoner Kurator und Architekturkritiker Rob Guy Wilson zu einer Podiumsdiskussion unter der Leitung von Architekturprofessor Philip Ursprung. Unter dem Titel «Architecture and the Iconic Turn» wird der Einfluss der visuellen Kultur auf die Architektur verhandelt.

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