af-z Reihe: HHF Architekten

Juho Nyberg
25. August 2011
(Bilder: Architekten)

Dass ein Schweizer Büro nach gut sieben Jahren Bestehen bereits ein Portfolio vorweisen kann, wo die Standorte der gebauten Projekte Stationen einer Weltreise sein könnten, ist nicht alltäglich. Im Fall des Basler Büros HHF ist es allerdings auch kein Zufall, sondern Programm. Bei der Gründung ihres Büros im Jahr 2003 hielten Tilo Herlach, Simon Hartmann und Simon Frommenwiler gemeinsam fest, dass sie eine starke internationale Ausrichtung ihres Büros anstreben wollten. So engagierten sie sich gleich von Beginn weg bewusst sowohl in der Schweiz als auch im Ausland. Diese Dualität spiegelt sich auch in anderen Aspekten des Büros wieder. Neben der Neugier und Experimentierfreudigkeit der drei Herren spielte sicher auch die individuelle Geschichte der Architekten eine Rolle: Sei es, dass sie selbst im Ausland gearbeitet oder in international tätigen Schweizer Büros wertvolle Erfahrungen gesammelt und spannende Kontakte geknüpft hatten.

So kamen sie etwa durch die Bekanntschaft mit Ai Weiwei zur Mitarbeit an dem Projekt «Ordos 100», wo hundert Architekten hundert Häuser in der Mongolei planen. Aus der Luft betrachtet entpuppt sich ihr Entwurf als ihr eigenes Firmenlogo: Geschickt ineinander verzahnte Dachflächen bilden das Kürzel des Architekturbüros, und die Bezeichnung des Hauses als «HHF-Haus» könnte treffender nicht sein.

Aussichtsplattform an der Ruta Peregrino in Mexiko (Bild: Architekten)
Ready Mades

In Salt Point, in der Nähe von New York, ist eine Galerie für einen privaten Kunstsammler entstanden – ebenfalls in Zusammenarbeit mit Ai Weiwei. In der ländlichen Umgebung schmiegt sich die Abfolge von drei Räumen unauffällig in die Landschaft und erinnert zunächst eher an eine landwirtschaftliche Remise aus Wellblech denn an eine Galerie. Das unprätentiöse Äussere verdankt der silbern glänzende Bau seiner Konstruktionsweise, besteht er doch vollständig aus vorfabrizierten Elementen. Ästhetisch gliedert der Bau sich so in seine natürliche Umgebung, technisch geht er aufgrund seiner Modularität konstruktiven Problemen aus dem Weg. Dies war auch wichtig, um den Bauablauf fern von Basel möglichst reibungslos gestalten zu können. Für das Wochenendhaus eines anderen Kunden in der Nähe haben sich die Architekten an das Prinzip gehalten und liefern den lokalen Handwerkern eher ein Rezept zum Erstellen des Hauses, als dass sie sich in Details verbissen hätten. So sind etwa Regeln für die Übergänge der Fassadenverkleidung aus Wellblech aufgestellt worden.

Die Freude an den Ready Mades ist in vielen Projekten der Basler Architekten zu spüren. Einerseits verlangt sie eine weitgehende Vorarbeit – von «rollender Planung» keine Rede. Andererseits sprechen die Resultate für sich und bei der Gegenüberstellung von in Basel gezeichneten Plänen und Bildern vom Bauwerk am anderen Ende der Welt kann man sich selbst ein Bild machen, wie gelungen ein solcher Wissenstransfer sein kann.

Die Aussichtsplattform an der Ruta Peregrino, einem Pilgerweg in Mexiko ist ebenso entstanden. Durch die zwei hintereinander liegenden Schichten von Bögen erlebt der ankommende Pilger das Bauwerk beinahe als drehendes Objekt. Die asymmetrisch geschnittenen Formen verleihen ihm scheinbar eine Rotation. Die komplex anmutende Form der Betonbögen wurde mit nur einigen wenigen Schalungen erreicht, da sie in unterschiedlichen Radien angeordnet sind, die sich wiederum aus der Wegführung auf und von der Plattform herunter ergeben.

Die sich wiederholende Bogenkonstruktion spendet Schatten (Bild: Architekten)
Grösse nicht entscheidend

Die Architekten glauben daran, mit ihren Bauten Einfluss auf das Umfeld nehmen zu können. Dabei spielt jedoch die Grösse des jeweiligen Objektes keine Rolle. Vielmehr als die Grösse einer Baute geht es HHF um die Kraft, die eine solche ausstrahlen kann und um die Wirkung – auch gesellschaftlich – die sie haben kann. Dass auch ein scheinbar unbedeutendes Objekt Grosses bewirken kann, haben die Architekten mit dem Umbau der Bar & Restaurant Ono in Basel bewiesen. In enger Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege der Stadt Basel und dem Wirt wurde im Eckhaus am Leonhardsgraben das Restaurant gestaltet. Die Zweigeschossigkeit offenbart sich erst auf den zweiten Blick als neuer Einbau. Die Zurückhaltung der neuen Architektur spiegelt sich in der Einstellung der Architekten, die sich hier vor allem als Entwicklungshelfer der Stadt sehen, die einen wertvollen Beitrag zur Wiederbelebung des Quartiers leisten konnten.

Dass sie ihre Qualitäten auch in anderen Grössenverhältnissen einsetzen können, beweisen sie mit dem gewonnen Wettbewerb «Unterfeld» zwischen Baar und Zug. Dank einem intelligenten Vorschlag zur Grenzbereinigung schufen sie ideale Voraussetzungen für eine mögliche Etappierung der Anlage. Die Volumen sind an den Rändern der Parzelle angeordnet. Dadurch spannt sich ein riesiges, gut 100 auf 200 Meter grosses Feld in der Mitte auf, welches in der Gegend einzigartig ist und als eine Art Central Park gestaltet werden soll. Identitätsstiftung dank der Einzigartigkeit und grosszügiger Grünraum für die Bewohner der dereinst 100'000 Quadratmeter Nutzfläche gehen selbstverständlich Hand in Hand.

Kunst ist Bau: The Tsai Residence (Bild: Architekten)
Sowohl als auch

Das Vereinen von Gegensätzen zieht sich als zentrales Anliegen durch alle Bereiche des jungen und erfolgreichen Basler Architekturbüros. Sei es das Sowohl-als-auch der Projekte hinsichtlich ihres Ortes oder ihrer Grösse, sei es die Gestaltung, die sich irgendwo zwischen Subtilität und verspielter Offenheit bewegt. Nur logisch, dass sich die Architekten auch als Lehrkräfte engagieren – natürlich im In- und Ausland.

Gestaltungsrezept für lokale Handwerker: Wellblechfassade (Bild: Architekten)

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