Designhauptstadt Langenthal

Jenny Keller
8. November 2012
Die Installation von USM sei eine Reminiszenz an einen Klassiker der Romatik: Zitiert wird das Gemälde «der Wanderer über dem Nebelmeer» von Caspar David Friedrich. Bild: © USM

Während drei Tagen werden Designstücke in unterschiedlichen Locations in Szene gesetzt, um die Entwürfe einmal von einer anderen Seite aus betrachten zu können. Die geographische Destination macht Sinn, da sich die Inszenierungen in den Werkhallen der Gastgeberfirmen Ruckstuhl, Girsberger, Glas Trösch, Création Baumann und Hector Egger Holzbau befinden, die allesamt in und um Langenthal produzieren.

Eine internationale Fachjury, die sich dieses Jahr aus fünf Vertreterinnen und Vertretern aus den Bereichen Architektur (Elisabeth Boesch, Architektin, Zürich und Jan Geipel Architekt und Ausstellungsleiter Danish Architecture Center, Kopenhagen), Innenarchitektur (Iria Degen, Innenarchitektin, Zürich), Design (Adrien Rovero, Designer und Szenograph, Lausanne) und Medien (Karin Schulte, Herausgeberin Avedition Messedesign-Jahrbücher, Stuttgart) zusammengesetzt hat, entscheidet, wer hier ausstellen kann. Dabei sieht man zwar oft die gleichen Verdächtigen, aber auch Newcomer und Designschulen, die frischen Wind zwischen die arrivierten Firmen blasen.

Links eine Maschine zur Herstellung von Spieltieren, rechts eine Popcornmaschine, die jeweils ein einzelnes Maiskorn umwandelt. Die Studierenden der Ecal im Fach Industriedesign haben in Anlehnung an den Produktionsstandort Langenthal Maschinen entwickelt. Bilder: © ECAL/Nicolas Genta

Wenig Hersteller präsentieren in Langenthal Neuigkeiten, viel mehr geht es um einen neuen Blick auf bekannte Kollektionen und das Design als solches, um das Treffen von Gleichgesinnten und Kolleginnen (vor allem am Freitag) und dabei nicht zuletzt ums Sehen und gesehen werden. Dass dieser Design-Marathon sich an unterschiedlichen Standorten in ganz Langenthal verteilt, ist zugleich beschwerlich (in den Shuttle-Bussen ist es voll wie in den Skibussen zur Hochsaison) und eindrücklich: Wann sonst hat man beispielsweise die Möglichkeit in das Werk von Stoffhersteller Création Baumann zu schauen, wo riesige Webstühle fleissig am Arbeiten sind?

Manchmal, muss man erwähnen, ist dieses Schauspiel eindrücklicher als mitunter etwas seltsame und effekthascherische Inszenierungen, zum Beispiel wenn spärlich angezogene Models in fluoreszierendem Licht seltsame Tänze aufführen und das bei anstrengend lauter Musik. Man war sich am Freitag schon einig, dieser Jahrgang des Designers’ Saturday war nicht einer der besten, trotzdem oder gerade deswegen, freut man sich auf die 15. Ausgabe im 2014. Es folgen einige Beispiele von Inszenierungen, die uns dieses Jahr aufgefallen sind:

Das Standkonzept der hängenden Gärten von Créaplant wurde vom Architekten Herbert Bruhin entwickelt. Bild: Designers’ Saturday 2012, Standort: City Center, Créaplant © Designers’ Saturday, www.susanabruell-photography.com

Hängender Garten
Der String Garden von Creaplant hat seine Vorbilder in Japan bei den Kokedama, das sind Moosbälle, in denen Bonsaibäume ohne Topf gepflanzt und gezüchtet werden. In der Scheune des Mühlehofs (City Center) verströmte diese Installation, die mit Tiergeräuschen angereichert wurde, ein angenehmes und beruhigendes Klima, wobei das Grün der Pflanzen wunderschön zu den anthrazitfarben gestrichenen Wänden passte. Das Standkonzept stammte vom Architekten Herbert Bruhin.

Schnelles Rot? Bild: Designers’ Saturday 2012, Standort: City Center, Création Baumann © Designers’ Saturday, www.susanabruell-photography.com

Synästhesie bei Création Baumann
Bei Création Baumann konnte man sich über die sinnlichen Eigenschaften von Farben Gedanken machen, und sich selbst überlegen, ob man Grasgrün ebenfalls als saftig bezeichnen würde oder Rot auch ohne Ferrari als schnelle Farbe empfinden würde. Die Installation von Benjamin Thut liess die Stoffe von Création Baumann haptisch und optisch und erlebbar machen, als spielerisches Plus erklangen Töne, wenn man an den von der Decke hängenden Stoffen zog. Die Besucher der DS' würdigten diese poetische Inszenierung mit dem Publikumspreis.

Designers’ Saturday 2012, Standort: Ruckstuhl, Sky-frame © Designers’ Saturday, www.susanabruell-photography.com

Auf den zweiten Blick
Sky-frame, der Fensterhersteller, der die Aussicht und nicht das Fenster zum Thema macht, hat mit einer Inszenierung aus dem Hause Studio Wettstein den Gold Award (siehe rechte Spalte) gewonnen. In einem dunklen Raum musste der Besucher sich seinen Weg durch sich bewegende Leuchten bahnen, um am Ende einem runden Spiegel gegenüber zu stehen, der den Firmennamen in Leuchtbuchstaben wiederspiegelte.

Bild: Designers’ Saturday 2012, Standort: City Center, Horgenglarus © Designers’ Saturday, www.susanabruell-photography.com

Neu und wirklich wahr?
Der Stuhl «Classic» von Horgenglarus hat einen jüngeren Bruder namens «Icon», der dank moderner Fertigung bequemer sein soll. Der Stand von Horgenglarus im City Center nutzte Bestandteile der Glarner Stühle für ganz andere Zwecke, oder wer weiss schon, dass man an einem Stuhlbein Bagels aufhängen kann?

Inszeniertes Strandgut bei Licht+Raum. Bild: Designers’ Saturday 2012, Standort: Ruckstuhl, Licht+Raum © Designers’ Saturday, www.susanabruell-photography.com

Im Keller von Ruckstuhl zeigte die Firma Licht+Raum eine Arbeit der Künstlerin Ursula Stalder: Strandgut von verschiedenen europäischen Stränden ist farblich und thematisch auf verschiedenen Tischen assortiert, und man fragt sich, ob es wirklich stimmt, dass diese farblich und thematisch auf sich abgestimmten Fundstücke an einem der Strände angespült worden sind. Aber wie sagt man auf Italienisch so schön?: Se non è vero, è ben trovato.

Preisträger 2012

D’S Award Gold:
Sky-Frame
Design: Studio Hannes Wettstein
Location: Ruckstuhl

D’S Award Silver:
Runtal
Design: Anaïde Davoudlarian + Gregory Brunisholz
Location: Hector Egger Holzbau

D’S Award Bronze:
Schätti Leuchten
Design: Jörg Boner productdesign
Location: Glas Trösch

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