Kuehn Malvezzi und CCHE bauen das Bâtiment d’art contemporain um

Ulf Meyer
23. März 2022
Visualisierung © Kuehn Malvezzi, Bolognese Images

 

Das Berliner Büro Kuehn Malvezzi wird zusammen mit dem Westschweizer Team von CCHE das Bâtiment d’art contemporain (BAC) in Genf modernisieren und umgestalten. Die Architekt*innen gewannen bereits im vergangenen Dezember einen internationalen Wettbewerb, an dem 46 Vorschläge eingereicht wurden. Der Umbau wird rund CHF 40 Millionen kosten. Die Finanzierung erfolgt durch eine öffentlich-private Partnerschaft.

 

Visualisierung © Kuehn Malvezzi, Bolognese Images
Visualisierung © Kuehn Malvezzi, Bolognese Images
Kultur im Baudenkmal: Anpassungen, die Fingerspitzengefühl verlangen

Das BAC befindet sich in einer ehemaligen Fabrik für Werkzeugmaschinen der Société genevoise d’instruments de physique (SIP), die auf dem Areal seit 1862 ansässig war. Im Jahr 1939 wurde entlang der Rue des Bains das sogenannte Gebäude C als Erweiterung eingeweiht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Bâtiment rouge durch das Gebäude D ersetzt. Die Bauten C und D sind durch eine Brandwand voneinander getrennt, bilden aber in der Ansicht eine Einheit. 1987 erwarb die Stadt beide Häuser, in denen seither mehrere Kunst- und Kulturinstitutionen untergekommen sind. Die zwischenzeitlich inventarisierten Industriebauten wurden mit Aussentreppen aus Stahl ergänzt. Als vielleicht bekanntester Nutzer kam 1994 das Musée d’art moderne et contemporain (MAMCO) hinzu. Es belegt heute vier Etagen im Gebäude D. 

Inzwischen bedürfen die bauhistorisch wertvollen Häuser allerdings einer grundlegenden Überarbeitung, sollen sie weiterhin als Ort der Kunst und der Kultur genutzt werden. Denn sie genügen den heutigen Anforderungen beispielsweise an eine konstante Luftfeuchtigkeit nicht mehr. Also wurde besagter Wettbewerb um die Neugestaltung ausgelobt.

 

Visualisierung © Kuehn Malvezzi, Bolognese Images
Visualisierung © Kuehn Malvezzi, Bolognese Images

In Zukunft werden drei Institutionen in den Bauten verbleiben: neben dem MAMCO das Centre d’art contemporain (CAC) und das Centre de la photographie (CPG). Erklärtes Ziel der deutschen Architekt*innen und ihrer Schweizer Partner ist es, den Bestand zur Stadt hin visuell zu öffnen, ihn energetisch zu sanieren und den Charakter des Industrieensembles zu erhalten. Neu wird ein gemeinsamer Eingang für alle drei Institutionen am südlichen Kopfbau geschaffen, wo Rue des Bains und Rue des Vieux Grenadiers aufeinandertreffen. Vier grosse Eingangstüren und etliche zeichenhafte Markisen werden ihn markieren. Durch die neuen Türen wird man zunächst einen weitläufigen Raum mit doppelter Geschosshöhe betreten. Dieser eignet sich aufgrund seiner Proportionen für verschiedenste Veranstaltungen und Ereignisse. Ausserdem wird er ein Café und ein Büchergeschäft aufnehmen. Die Hoffnung ist, dass das öffentlich zugängliche und neu besonders attraktive Erdgeschoss zu einem Treffpunkt avanciert und mehr Menschen anlockt. 

In den Ausstellungsräumen sollen unterdessen ältere Einbauten wieder entfernt werden, sodass grosse zusammenhängende Räume entstehen. Dafür wurde extra ein besonderes Befestigungssystem für die Kunstwerke entwickelt. Ausdrücklich nicht möchten die Architekt*innen einen sterilen «White Cube» schaffen. Der Charakter der denkmalgeschützten Bauten soll vielmehr gestärkt und wieder herausgearbeitet werden. So soll die tragende Fassade des Skelettbaus in allen Innenräumen erlebbar werden. Die energetische Ertüchtigung darf, das haben sich die Architekt*innen vorgenommen, auf keinen Fall die Fassade und deren Wirkung beeinträchtigen. Darum bleiben zum Beispiel die historischen Fensterrahmen erhalten. Sie werden gestrahlt, neu lackiert und schliesslich mit neuen Gläsern versehen. Auch die alten Böden sollen wo immer möglich erhalten bleiben. Die erforderlichen technischen Einbauten werden überall offen gezeigt und reversibel installiert.

Auch das Dach wird künftig genutzt: Geplant ist dort ein neuer Pavillon für Veranstaltungen auf dem Norddach, der dank beweglicher Wandpaneele geöffnet werden kann. Ausserdem wird ein Dachgarten entstehen. Dieser soll aus dem öffentlichen Erdgeschoss über einen Aufzug direkt zugänglich sein.

 

Visualisierung © Kuehn Malvezzi, Bolognese Images
Architekt*innen mit Expertise

Für die Dauer der Bauarbeiten müssen alle Institutionen vorübergehend umgesiedelt werden. Aktuell rechnen die Verantwortlichen mit einer Bauzeit von zwei bis drei Jahren. 2026, spätestens aber 2027, soll die Wiedereröffnung gefeiert werden können.

Die Berliner Architekt*innen von Kuehn Malvezzi gelten als Experten für Kunsträume in historischen Bestandsgebäuden. Bewiesen haben sie ihre Fähigkeiten beispielsweise bereits beim Umbau der Rieckhallen sowie des Museums Berggruen und des Prinzessinnenpalais in Berlin. Auf ihren Umbau in Genf darf man gespannt sein.

 

Grundriss Erdgeschoss
Schnitt

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