Der tanzende Turm

Luna Productions
3. 11月 2022
Foto: Ladina Bischof
Nadja, Lukas, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Nadja Frei: Das Besondere war die Aufgabenstellung selbst: Der Wunsch der Bauherrschaft, mitten im Wald einen 40 Meter hohen Aussichtsturm komplett aus Holz zu bauen, das aus eben diesem Wald stammt, wäre sicherlich für jedes Architekturbüro eine einmalige Aufgabe gewesen. Besonders war zudem, dass das Programm des Wettbewerbs trotz der speziellen Bautypologie – oder vielleicht gerade deswegen – sehr reduziert war: Es gab keine Nachbargebäude, keine Anforderungen an die technische Ausrüstung und kein eigentliches Raumprogramm, selbst die Höhe des Turms war nicht fest vorgegeben. Diese Voraussetzungen waren für den Entwurf ungewöhnlich und natürlich äusserst spannend.

Foto: Ladina Bischof
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?


Lukas Frei: Wir haben recht schnell bemerkt, dass wir beim Entwurf eines Bauwerks dieser für uns ungewohnten Grösse und Proportionen mit den uns vertrauten Entwurfswerkzeugen an Grenzen stossen. Die spezielle Lage und Sichtbarkeit sowie die aussergewöhnliche Dimension des Turms haben uns daraufhin zu einem Spiel mit den unterschiedlichen Perspektiven inspiriert, welches am Ende zur skulpturalen Form des Turms geführt hat. Seine Silhouette zeigt sich je nach Standpunkt des Betrachters in einer anderen Figur. Durch die Bewegung des Beobachters kommt es so zur Bewegung des Turms – er beginnt zu tanzen. Dieser Effekt wird durch die schützende Hülle noch verstärkt, welche als halb offene Schalung wie das Blätterdach der benachbarten Bäume das Licht gefiltert durchlässt, sich mit dem Wechsel der Tages- und Jahreszeiten wandelt und so den Dialog zu seiner unmittelbaren Umgebung aufnimmt.

Foto: Ladina Bischof
Foto: Ladina Bischof
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


NF: Der Ort hat den Entwurf einerseits konzeptionell und gestalterisch beeinflusst, indem die skulpturale Form des Turms durch die verschiedenen Standpunkte im Wald entstanden ist. Andererseits wirkte der Ort auch in sehr praktischer Weise auf den Entwurf ein, weil das gesamte Holz, welches für den Turmbau verwendet wurde, aus dessen unmittelbarer Umgebung stammt. So steht das verbaute Holz des Turms nun wieder im Hardwald, wie es dies – in einer anderen Form – schon seit über fünfzig Jahren tat.

Foto: Ladina Bischof
Foto: Ladina Bischof
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten eures Büros ein?


LF: Als Architekten, aber auch als Menschen liegt uns viel daran, unseren Horizont zu erweitern und von unserer Umwelt zu lernen. Dies widerspiegelt sich auch in unseren Projekten, bei denen eine grosse Vielfalt an Bauaufgaben erkennbar ist. Jedes Projekt hat seine eigene Geschichte, welche uns auf unterschiedliche Weise viel Neues gelehrt hat.

Eine gemeinsame Intention all unserer Projekte ist es, dass Menschen zusammenkommen sollen und Gemeinschaft entstehen kann, es gleichzeitig aber auch Raum für das individuelle Erleben der Architektur und ihrer Umgebung gibt. Diese Idee ist auch beim Aussichtsturm im Hardwald erkennbar, wo sowohl das gemeinsame Abenteuer als auch das persönliche Erlebnis jedes und jeder Einzelnen ihren Platz haben.

Foto: Ladina Bischof
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?


NF: Ein wesentlicher Punkt im Projekt war die Rückbesinnung auf das Lokale. So steht der Aussichtsturm selbst für dieses Konzept, indem er als Attraktion im Naherholungsgebiet für die Einwohner der umliegenden Gemeinden einfach und emissionsarm zu erreichen ist. Weiter stammt das Bauholz zu 100 Prozent aus dem eigenen Wald und wurde durch lokale Unternehmer verarbeitet, wodurch sich die verursachte graue Energie auf ein Minimum beschränkt. Die einzelnen Elemente sind unbehandelt und bis auf das Haupttragwerk nicht verleimt. So können die Bretter am Ende ihrer Lebensdauer einzeln ausgetauscht und zurück in den Wald gebracht werden. Der Kreislauf schliesst sich.

Foto: Ladina Bischof
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?


LF: Holz ist ganz klar das prägende Material dieses Bauwerks. Der Turm lebt davon, dass er mit Ausnahme der Fundamente aus Stahlbeton und der Knoten aus Stahlbauteilen vollständig aus Holz gebaut ist. Es wurden nur Holzarten verwendet, die im Hardwald vorhanden sind. Insgesamt sieben Sorten kamen zum Einsatz – jede dort, wo sie sich am besten eignet.

Die gesamte Lieferkette vom Rundholz über das Schnittholz bis hin zum Leimholz und die Weiterverarbeitung durch den Holzbauer wurden in der Planung berücksichtigt und kontrolliert, um sicherzustellen, dass am Schluss ein Turm steht, welcher, wie schon gesagt, vollständig aus Holz aus dem eigenen Wald besteht.

Grundrisse
Schnitt
Geometrie
Bauwerk
Aussichtsturm Hardwald
 
Standort
Herrenholz, 8305 Dietlikon
  
Nutzung
Aussichtsturm
 
Auftragsart
Wettbewerb
 
Bauherrschaft
Anrainer Gemeinden Hardwald, vertreten durch Forstrevier Hardwald
 
Architektur
Luna Productions, Deitingen
Lukas Frei und Nadja Frei
 
Fachplaner 
Holzbauingenieur: Holzing Maeder, Evilard 
Bauingenieur: bsb und partner Ingenieure und Planer, Biberist
 
Jahr der Fertigstellung
2022
 
Gebäudekosten BKP 2
CHF 1,05 Mio.
 
Massgeblich beteiligte Unternehmer
Holzbau: Frischknecht Holzbau-Team AG, Kloten
Baumeisterarbeiten: Huber Baugeschäft AG, Bassersdorf
Spenglerarbeiten: Carl-Meier-Sohn AG, Bassersdorf
Schnittholz: Raschle Holz AG, Nürensdorf
Leimholz: Hüsser Holzleimbau AG, Bremgarten 
 
Fotos
Ladina Bischof

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