Zwischen Leistungsschau und Bautradition

Kengo Kuma & Associates
30. 12月 2022
Foto: naaro
Frau Ikeguchi, wie kam Ihr Büro zu diesem Auftrag?


Vor zehn Jahren erhielten wir einen Brief von Pius Truffer, in dem er zum Ausdruck brachte, dass er unsere Arbeit als passend für sein neues Büro und seinen Wohnsitz ansehe, da sie die umgebende Natur und den Kontext respektiere und zur Vision seines Unternehmens passe.

Foto: naaro
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Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Das Haus Balma ist der neue Hauptsitz und Ausstellungsraum der Firma Truffer. Das Familienunternehmen verarbeitet Valser Stein. Aufgrund seines unverwechselbaren Ausdrucks, seiner hohen Leistungsfähigkeit und seiner Anwendbarkeit als Baumaterial ist er als einer der von Architekten am meisten geschätzten Steine bekannt. Er glänzt silbern-metallisch und hat eine exquisite Farbe, deren Spektrum von Grün- bis zu Blautönen reicht und die sich unter Licht und Wasser verändert. Das neue Bauwerk sollte das Potenzial dieses Materials und seine aussergewöhnliche Qualität mit einzigartigen Fertigungstechniken sowie innovativen Details und Anwendungen zur Geltung bringen.

Vals ist ein Dorf mit traditionellen Alpenhäusern in einem engen Gebirgstal. Der nackte Valser Stein auf dem steilen Talboden und der grob gespaltene, massive Schiefer auf den Dächern der alten Häuser bestimmen die Struktur der Dorflandschaft. Die Architektur mit und aus Valser Stein haben wir so gestaltet, dass sie die umgebende Natur und die Architektursprache des Dorfes widerspiegelt.

Foto: naaro
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Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?


Die verschlungenen, dreieckigen Räume werden durch den zentralen, linearen Hohlraum der Treppe, die diagonal und vertikal über die gesamte Länge des Baus verläuft, und die Höhe des architektonischen Volumens, das alle Programme verbindet, strukturiert und organisiert. Unsere Absicht war es, das Gefühl eines Steinbruchs zu erwecken, das Gefühl, sich in einer Felsspalte zu befinden. Das Treppenhaus hat extrem schmale und hohe Proportionen, die durch zwei Wände aus rohem gespaltenen Stein definiert sind. Licht dringt von oben in diesen Erschliessungsraum. Die Stützstruktur wurde auf ein Minimum reduziert, um die Steinstruktur und das Gefühl, sich in einem Riss zu befinden, zu betonen. Der Raum steht symbolisch für den Steinbruch als Kern und Fundament der Arbeit der Familie Truffer.

Foto: naaro
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Die Räumlichkeiten entwickeln sich um das zentrale Treppenhaus herum. Das Gebäude besteht aus einem unterirdischen und einem oberirdischen Teil mit vier Stockwerken. Das Untergeschoss beherbergt die «Steinwelt», die als Ausstellungs- und Begegnungsraum beziehungsweise als Treffpunkt mit einem Schau-Badezimmer und einem Hortus conclusus konzipiert ist, der von dem darüber liegenden Oberlicht sanft beleuchtet wird. Während im ersten Stock und im Erdgeschoss Büros untergebracht sind, werden das zweite und dritte Obergeschoss als private Wohnräume genutzt.

Bei der Gestaltung der Gebäudehülle haben wir uns an traditionellen Formen orientiert. Sie besteht aus grob gespaltenen Steinplatten und ist in Form eines Schirms nach unten gezogen. Die Fenster von historischen Bauten im Alpenraum sind zumeist klein, sodass sich die Räume im Inneren gemütlich und geschützt anfühlen. Bei diesem Projekt war es jedoch unsere Absicht, Offenheit mit mehr Transparenz zu schaffen, um die unglaubliche Aussicht auf die Berge als Teil der Innenkulisse zu inszenieren.

Foto: naaro

Der äussere Teil der Fassade besteht aus Steinplatten und Lärchenbrettern, die von rostfreien Spannseilen getragen werden. Sie sind an eingelassenen Klammern aus Edelstahl befestigt, die in präzisen Winkeln gefräst wurden, um der Neigung des Schirms zu entsprechen. Wir haben die Abmessungen der Metallbeschläge so klein wie möglich gewählt und dafür gesorgt, dass man sie wie auch die tragende Struktur dahinter kaum sieht. Dadurch entsteht der Eindruck, die Steinplatten würden sanft und subtil vor den Fenstern schweben. Die Details sind kompliziert und erforderten ein hohes Mass an Präzision. Um sie zu entwickeln, waren eine Reihe von Versuchen und Tests notwendig. Ausserdem war die Herstellung herausfordernd. Möglich wurde die Umsetzung durch die Expertise der Familie Truffer.

«Haus Balma» bedeutet im regionalen Sprachgebrauch eine Lücke, einen Raum zwischen einem Stück Fels und dem abfallenden Gelände, in dem in den Bergen Tiere und Menschen Schutz und Sicherheit finden können. Wir hoffen, dass sich das Projekt organisch an die Landschaft anpasst und zu einem Ort der Geborgenheit für die Familie und die Gemeinschaft wird.

Foto: naaro
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Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?


Das Projekt nahm über zehn Jahre in Anspruch. Während der gesamten Planungs- und Bauzeit haben wir ausführlich mit der Bauherrschaft diskutiert und Ideen ausgetauscht. Der Bauherr ist ein Meister im Umgang mit Stein. Wir konnten das Potenzial seiner Arbeit erkunden, indem wir testeten und experimentierten, um innovative und präzise ausgeführte Details auf dem hohen Niveau der Schweizer Ingenieurs- und Handwerkskunst zu realisieren.

Ein weiterer Aspekt ist, dass es sich bei der Firma Truffer um ein Familienunternehmen mit starker Firmenkultur handelt. Die Gestaltungswünsche waren sehr umfangreich und persönlich.

Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?


In der Schweiz gibt es höhere Anforderungen an den Wärmeschutz, was die Gebäudehülle umfangreicher macht. Die Details waren dabei oft eine Herausforderung, aber es war ein Lernprozess, um ein effizienteres Ergebnis zu erzielen. 

Dieses Interview wurde aus dem Englischen übersetzt.

Bauwerk
Haus Balma
 
Standort
Balma 168E, Vals
 
Nutzung
Wohn- und Geschäftshaus mit Ausstellungsräumen
 
Auftragsart
Direktauftrag
 
Bauherrschaft
Truffer AG, Vals
 
Architektur
Kengo Kuma & Associates, Paris
Yuki Ikeguchi (Partnerin), Jagoda Krawczyk (Projektarchitektin) und Yasemin Sahiner (Projektleiterin)
 
Fachplaner
Ingenieur: Mario Russi, Reba Fassadentechnik AG
Lichtgestalter: Viabizzuno
Bauunternehmer: Richard Schmid AG und Schnyder Bauunternehmung
 
Bauleitung und lokaler Partner
Robert Anacker, Spreiter+Partner AG, Flims
 
Jahr der Fertigstellung
2021
 
Massgeblich beteiligte Unternehmer
Leuchten: Viabizzuno
Valser Stein: Truffer AG
 
Fotos
naaro, London

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