Doppelkindergarten Sulgen

Ein schützendes Dach unter der Purpurbuche

Beer Merz
9. Januar 2019
Bild: Mark Niedermann
Nutzung Doppelkindergarten
Ort Schulstrasse 2, 8583, Sulgen TG
Auftragsart Projektwettbewerb mit Präqualifikation 2015, 1. Rang
Bauherrschaft Primarschulgemeinde Sulgen, Thurgau TG
Architektur Beer Merz Architekten BSA SIA, Basel BS | Partner: Anja Beer, David Merz | Mitarbeiterin: Paula del Valle
Fachplaner Generalplaner: Beer Merz Architekten BSA, Basel BS | Landschaftsarchitektur: META Landschaftsarchitektur, Basel BS | Bauingenieur Beton: WMM Ingenieure AG, Münchenstein BL | Bauingenieur Holzbau: Makiol Wiederkehr AG, Beinwil am See AG | Haustechnikplaner: Gruner Gruneko AG, Basel BS | Bauphysiker: ingBP, Kiesen BE | Lichtplanung: Bussmann Lichtarchitektur, Ennetbaden AG
Bauleitung Paul Graf Architekt FH, Amriswil TG
Jahr der Fertigstellung 2017
Gesamtkosten BKP 1-9 CHF 2,78 Mio.
Gebäudekosten BKP 2 CHF 2,12 Mio.
Gebäudevolumen 1'900 m3
Kubikmeterpreis 1'116 CHF/m3
Energiestandard Minergie
Fotos Mark Niedermann
Bild: Mark Niedermann

Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Wir haben versucht, die gesamte Schulanlage räumlich und funktional zu klären und die über 100 Jahre alte Purpurbuche als zentraler Orientierungspunkt im Dorf zu erhalten. Die bereits vorhandenen Strukturen in den Bestandsgebäuden haben wir berücksichtigt, und so konnten wir den neuen Doppelkindergarten als eingeschossigen, unabhängigen Baukörper konzipieren.
 
Die Raumstruktur ist kompakt und klar mit einer diagonal gespiegelten Organisation entworfen. Die zwei Haupträume belegen die Stirnseiten und sind beide dreiseitig orientiert. Ein von oben belichteter, innenliegender Erschliessungsraum verbindet die über jeweils eine Längsseite zugänglichen Garderoben. Dadurch entsteht ein im Wettbewerbsprogramm nicht geforderter, für beide Kindergärten nutzbarer Mehrzweckraum.

Bild: Mark Niedermann

Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Im Entwurfsprozess haben wir uns hauptsächlich vom Ort inspirieren lassen. Der zeltförmige Baukörper bezieht sich auf die grösseren Dächer der alten Thurgauer Bauernhöfe. Durch die äussere Materialität und das pavillonartige Volumen fügt sich der Kindergarten in die Nachbarhäuser des Dorfes Sulgen ein.

Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Der Ort hat dieses Projekt sehr stark beeinflusst. Der Neubau des Doppelkindergartens setzt sich zurückhaltend in der Anlage, so dass die städtebauliche Bedeutung des Schulhauses auf der Anhöhe erhalten bleibt. Die alte Purpurbuche wurde als wichtiger Protagonist auf dem Areal respektiert. Das Gebäude duckt sich unter den Baum, und die Aussenspielplätze sind mit minimalen Geländeanpassungen um den Baum herum angeordnet. Unter dem auskragenden Vordach das durch dreieckige Stützen unabhängig vom Dach getragen wird, haben wir jeweils zwei Stützen mit einer Sitzbank verbunden. Diese Bänkli werden von den Kindern sehr gerne genutzt.

Bild: Mark Niedermann

Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf  beeinflusst?​
Wir hatten das Glück, dass der Jurypräsident uns nachher in der Baukommission weiterhin begleiten konnte. Ebenfalls war eine sehr erfahrene Kindergärtnerin aus dem Dorf Mitglied der Baukommission. Ihrer frischen und unkonventionellen Art uns ihre Vorstellung eines idealen Kindergartens zu übermitteln, verdanken wir wichtige Einsichten und nicht zuletzt auch die Hocker des Sitzkreises, welche die Kindergärtnerin zusammen mit den Kindern unter professioneller Anleitung von B4 Möbel angefertigt hat. Jeder Hocker trägt eingraviert den Namen seines kleinen Erbauers.

Bild: Mark Niedermann

Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?
Die bedeutendste Änderung im Projekt war der Wechsel von der im Wettbewerb vorgesehenen Betonkonstruktion zur Holzkonstruktion des verwirklichten Projekts. In der Überarbeitung hat sich gezeigt, dass mit einer kompletten Holzkonstruktion in vielen Bereichen besser auf die Bedürfnisse der Nutzer und die bauliche Situation reagiert werden kann. Auch im Innern hat diese Überarbeitung zu einem Neudenken des Mehrzweckraums geführt. Die Garderoben positionierten wir direkt bei den Zugängen, so dass die beiden Eingangstüren der Kindergärten nun vis-à-vis voneinander liegen. Dadurch wurde die Beziehung der beiden Haupträume über die Mittelzone heller und durchlässiger.

Bild: Mark Niedermann

Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Das Material, das wir nach der Überarbeitung hauptsächlich für die Ausführung dieses Kindergartens verwendet haben, ist Holz. Das Tragwerk besteht aus vorgefertigtem Holzelementen, die Innenwände sind mit Holzplatten verkleidet, die Fassade ist mit einer Holzschalung verkleidet und alle Fenster, Türen und Inneneinrichtungen sind aus Fichtenholz, lasiert oder deckend gestrichen. Die Aussenflächen sind dunkel behandelt, im Gegensatz dazu sind die Innenräume hell und schaffen so sehr unterschiedliche Stimmungen.
 
Auch die übrigen Materialentscheide fällten wir auf klare und direkte Weise; einfache Keramikplatten für die Nassbereiche, im unteren Bereich blickdichte Vorhänge zur flexiblen Abtrennung von Spielbereichen, Chromstahl für die stark beanspruchten Flächen wie die Küchenabdeckungen. So versuchten wir Räume zu schaffen, welche für Kinder leicht zu verstehen und zu erleben sind.

Situation
EG
Schnitt

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