Milano Design Week 2014

Jenny Keller
9. April 2014
Leuchte im Circolo Filologico. Bild: Lexus Design Award

Die Möbelmesse in Mailand ist unübersichtlich wie ein Strand am Mittelmeer während des Ferragosto. Wie dort die Verkäufer von Kokosnuss- und Sonnenbrillenfälschungen lautstark ihre Waren an das Ferienvolk bringen möchten, buhlen die einzelnen Möbellabel im Vorfeld der Messe um die Aufmerksamkeit der Besucher. Dies geschieht in Form von Mails, die Einladungen zu zig Cocktails, Partys, Ausstellungen oder Preisverleihungen enthalten. Und bald stellt man fest, man kann UNMÖGLICH alle diese Orte besuchen, auch wenn man wollte.

Was man eben auch feststellt, ist, dass man sehr viele Orte, Showrooms, Galerien, Off-Messen, Ausstellungen und Messestände überhaupt gar nicht besuchen will. Denn «Design» ist ein Wort, dessen Bedeutung ziemlich schwammig ist und nicht für alles, was in Mailand dargeboten wird, gilt.

Dieses Jahr empfehlen wir, sich nur rund um den Dom zu bewegen. Oder sich den Dom auch mal anzuschauen. Bild: jk

Und so sucht man sich, wie am Strand in dem Feriendorf am Mittelmeer, eben sein Plätzchen. Dieses Jahr wird dabei die These aufgestellt, dass man den Besuch der eigentlichen Messe getrost aussen vorlassen kann. Diese These wird bald vom Designer Sebastian Scherer, einem Preisträger des Lexus Design Award (in dessen Jury übrigens Toyo Ito sass), durchaus bestätigt: Obwohl er eine Woche hier in Mailand sei, besuche er die Messe nicht. Viel Interessanter seien die Entdeckungen, die man in der Stadt selbst machen könne. Wir beschränken uns sogar nur auf die Gegend rund um den Dom. Hier hat es nicht nur die Showrooms der grossen Möbelhersteller, es beginnt hinter den Galerie auch das Quartier Brera, das als eines der interessantesten und hipsten der Stadt gilt.

Toyo Ito, mit weisser Brille vor weissem Corbusier-Sofa war in der Jury des Lexus Design Award. Bild: jk

Showrooms
Über die Aktivitäten «fuori Salone», also ausserhalb der Messehallen, haben wir hier in den letzten Jahren bereits berichtet. Diese Gegenmessen – oder versöhnlicher Zusatzmessen – werden immer grösser, sind von allerlei Sponsoren dominiert und deshalb, wie die Zona Tortona, Kommerz geworden. Natürlich gibt es in Lambrate bestimmt immer noch tolle Entdeckungen zu machen, wir dachten uns aber «wenn schon Kommerz, dann richtig» und wollten einen Blick in die grossen Showrooms werfen, die sich praktischerweise gleich beim Dom in den Strassen Via Durini (hier unbedingt in die wundervoll gestalteten Läden von Gervasoni, Cassina, wo Charlotte Periand und die Chaise-Longue LC4 CP im Mittelpunkt stehen, und B&B Italia gehen), Via Cerva und Corso Europa befinden.

Skizze von Gio Ponti. Bild: Molteni&C

Molteni&C huldigt dieses Jahr den Architekten und Designer Gio Ponti und stellt seine Entwürfe in einen modernen Kontext. Er hat sich 1970, im letzten Jahrzehnt seiner langen Karriere, mit dem Thema des italienischen Wohnambientes befasst und definierte das «Manifesto della Casa Adatta»: «Nicht wir sollten uns anpassen an ein allgemeines Haus, sondern das Haus muss sich uns anpassen, als Ausdruck von Leben und moderner Kultur, in der Aussen- und in der Innenarchitektur». Dieses Jahr legt Molteni&C in Zusammenarbeit mit Gio Ponti Archives den Stuhl und den Armlehnstuhl D.270.1 und D.270.2 neu auf.

Der Palazzo Clerici war die Entdeckung des Tages. Bild: Caesarstone.com

Die beste Zufallsentdeckung
Auf dem Weg von hier nach dort machten wir einen Abstecher in den Palazzo Clerici in der Via Clerici. Eine Zufallsentdeckung, die sich mehr als gelohnt hat. Dieser Palazzo aus dem 18. Jahrhundert ist schon allein als Kulisse eine Reise wert. Wenn dazu aber die ausgestellten Produkte auch noch überzeugen, ist die perfekte Mailand-Destination während der Design Week gefunden. Caesarstone und das Londoner Design Studio Raw-Edgeshaben hier Wohn-Inseln eingerichtet, die alle Sinne erfreuen. Ein Zitronenbaum, der mitten in einer Kochinsel steht, verströmt einen angenehmen Duft, im Bad kann Vinyl gehört werden und ein Ping-Pong-Tisch weckt das Kind im müden Messebesucher. Weitere Aussteller präsentieren wunderbare Erfindungen und scheinbar nutzlose Arbeiten, alles in der Kulisse des etwas heruntergekommenen Stadtpalasts, dessen Fenster in einen verwunschenen Innenhof führen. Hier kann man sich eigentlich für den Rest des Mailand-Besuchs niederlassen.

Ceasarstone im Palazzo Clerici. Bild: Caesarstone.com
Tipps und Apps
- Nicht weniger als 954 Events sind unter fuorisalone.it/2014 zu finden

- Dieser hilfreiche Führer liegt an vielen Orten in der Stadt auf, und es gibt ihn auch online und als App: guidafuorisalone.it

- Wallpaper hat scheinbar viele Journalisten vor Ort und verfügt deshalb über  eine reichhaltige Berichterstattung online


Salone Internazionale del Mobile
EuroCucina, International Kitchen Furniture Exhibition
International Bathroom Exhibition
SaloneSatellite
www.cosmit.it

Messegelände Mailand, Rho
8. bis 13. April 2014

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