De gustibus non est disputandum

Juho Nyberg
27. September 2012
Hauptsache man sagt etwas: Instant-Jurierung via Internet (Bild: screenshot)

Die meistgelesene Tageszeitung der Schweiz hebt täglich überfahrene Pudel, verrutschte Höschen, erfolgreiche und -lose Sportler gleichermassen auf den Schild. Ausrufezeichen kompensieren zweifelhafte sprachliche Wendungen und an oft schütteren Haaren herbeigezogene Argumentationen unterfüttern knallige Bilder.

Bislang genoss die Architektur das Privileg, unter dem Radar zu fliegen, doch findige Redaktionsangestellte haben nun auch unsere Welt entdeckt: Unter dem schmissigen Titel «Spielen Sie Abrissbirne!» fordert das Druckerzeugnis seine (leider) zahlreichen Konsumenten zur Abstimmung der eingesandten Beiträge auf. Diese «user-generated contents» dokumentieren den ganz alltäglichen Wahnsinn: Banalitäten. Gleicher Art sind die meisten Kommentare, die von den leicht anonymisierten «Wettbewerbsteilnehmern» zum Bild gestellt worden sind.

Nun ist es nicht zu verneinen, dass nicht jedes Bauwerk von hoher Qualität ist, denn nicht jeder, der als Architekt tätig ist, geht mit der selben Einstellung an seine Arbeit oder nimmt sogar von einem Auftrag Abstand. Doch sollte die zurecht eingeforderte Ernsthaftigkeit und das ebenfalls notwendige Fingerspitzengefühl ebenso für die Architektur wie den Diskurs darüber vorausgesetzt werden können. Besonders befremdlich wirkt in diesem Zusammenhang die Kooperation der im Oktober stattfindenden «Werkschau für Architektur, architektur 0.12». Dort werden nämlich gemäss Ankündigung alle eingesandten Bildbeiträge ausgestellt werden, den Teilnehmerinnen winken «Ruhm und Ehre für ihre eingesandten Bilder». Dem selbst auferlegten Anspruch, die «grösste und bedeutsamste Impulsgeberin der Schweizer Architekturszene» zu werden, wäre eine bedachte Annäherung an das offenbar noch weitgehend unbekannte Thema vielleicht zuträglicher gewesen, als sich für solch ein plattes Architektur-Bashing einspannen zu lassen.

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