Die Immobilie als bodenloses Objekt

Inge Beckel
6. Juni 2013
Collage: Ursula Baus

Ursula Baus hat im Beitrag Wo Architektur keine Immobilie sein darf in unserem deutschen Partner-eMagazin von German-architects.com in der Ausgabe 20/13 die Folgen der Degradierung des Kulturguts Haus oder Architektur zum Komsumartikel untersucht. Sie sagt: «Architektur ist als Immobilie zwar ein renditeträchtiges Konsumgut, sie muss aber auch bezahlbarer Wohnraum sein und als Kita, Schule, Hochschule, Rathaus, Gericht oder Bildungseinrichtung jeweils ein Ort bleiben, der dem Gemeinwohl dient». Dabei möchte ich ihr sowohl zustimmen als auch ergänzen, dass sich der beschriebene Wandel noch an einem weiteren Phänomen – beinahe exemplarisch – ausmachen lässt.

Die durch Baus zusammen gestellte Collage zeigt deutlich, dass das Konsumgut Haus für dessen Promotoren effektiv nur eine Ware ist, das völlig unabhängig von seinem topografischen Kontext verteilt und platziert werden kann. Dass derlei Immobilienverkäufer dabei im Weiteren den kulturellen oder sozialen Kontext aus den Augen verlieren, erscheint in dieser Logik nur folgerichtig. Er interessiert sie schlichtweg nicht. Dass Bauten aber stets AUCH im öffentlichen Raum stehen und von da wahrgenommen werden (müssen), macht sie nichtsdestotrotz neben dem Konsumgut zu einem Kulturgut – das «schleckt kei Geiss weg», wie der Kinderlieder singende Linard Bardill mit seinem bekannten Reim wohl sagen würde. Ja, ja, sinngemäss kann man heute wiederholen, was vor gut 100 Jahren so klang: «Zwei grosse Strömungen gehen durch unsere Zeit hindurch: einerseits die neue soziale Anschauung, die es als ein Unrecht gegen die Allgemeinheit empfindet, wenn ein einzelner rücksichtslos die Schönheit eines bisher harmonischen Strassenbildes, eines Platzes, eines ganzen Ortes vernichtet oder dessen Umgebung durch egoistische Ausbeutung verschändet, auf der anderen Seite die alte römische Rechtsanschauung, wonach dem einzelnen ein unbeschränktes Verfügungsrecht über sein Eigentum zusteht.» (aus: Heimatschutz, 1911, Heft 1, S. 8.).

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