Unfertig und ausgezeichnet

Jenny Keller
30. Mai 2016
Spaniens Beitrag «Unfinished». Bild: jk

Spanien sei eines der Länder, das am meisten von der Wirtschaftskrise betroffen ist, stellen die Kuratoren Iñaqui Carnicero, Carlos Quintans und ihr Team einführend fest. Massenhaft Häuser sind in kurzer Zeit hochgezogen worden, ohne dass jemand reflektiert habe, ob diese Projekte nötig seien oder gar Wert, gebaut zu werden. Nun zeugen unzählige Bauruinen von dieser kopflosen Bautätigkeit – als die Fertigstellung oder gar Bewirtschaftung als nicht mehr ökonomisch angesehen wurde.

In einer Ausstellung mit dem Titel «Unfinished» werden im Spanischen Pavillon Design-Strategien unter den Schlagwörtern Arbeiten, Vorschläge und Aussichten mithilfe grossformatiger Fotografien gezeigt, die einen optimistischen Blick auf diese unfertigen Bausünden werfen. Sieben Fotoserien, 55 ausgewählte Werke, 12 Projekte, die durch einen offenen Wettbwerb eingegangen sind, und 11 Interviews zum Thema sind ausgestellt. Die ausgewählten Projekte zeigen laut den Kuratoren Architektur als etwas Unfertiges, etwas, das ständiger Entwicklung unterworfen ist und ganz und gar der Gesellschaft dient. Die Jury lobte die Kreativität und das Engagement, das hier gezeigt wird, und vergab den Goldenen Löwen für den besten Länderbeitrag an Spanien. Die Ausstellung ist auf inhaltlicher Ebene sehr dicht, doch bleibt sie luftig und erschlägt den Besucher durch die räumliche Hängung der Bilder nicht.

Panticosa, Huesca, Spanien. Dezember 2011 – November 2014. Bild: © Unfinished

Mit Architektur, wie wir sie kannten, hat dieser Beitrag wenig zu tun, und gerade deshalb verdient er den Goldenen Löwen, denn es gilt, Immobilienwirtschaft,  Baugewerbe und Architektur wieder vermehrt als Einheit zu betrachten, wenn wir der Nachwelt mehr als Bausünden und eine zersiedelte Landschaft zurücklassen wollen.


Zwei lobende Erwähnungen gehen an Japan mit «en: art of nexus» und an Peru mit «our amazon frontline».

 

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