Psychiatrische Klinik Münsterlingen – Lichtdesign in der Krankenhausarchitektur

Suzanne Schwarz
1. Februar 2024
Der bauhistorisch wertvolle Bestand wurde heutigen Anforderungen angepasst und mit einem Neubau erweitert. (Foto: Ralph Heider / Pascal Palmieri)

Heute weiss man: Wohnlichkeit und Individualität unterstützen den Heilungsprozess. Dies gilt auch in der Geriatrie und besonders für psychisch kranke Menschen. Das Klinikgebäude in Münsterlingen zur Behandlung dieser Patienten entsprach nicht mehr den heutigen technischen, energetischen und pflegerischen Anforderungen und bedurfte zudem einer Ergänzung. Es fehlten moderne Nasszellen, Wohnlichkeit und individuelle Rückzugsmöglichkeiten. Auch bei der betriebenlichen Effizienz der Stationen gab es Optimierungsbedarf. Ein temporäres oder permanentes Zuhause für Sucht- sowie psychisch- und demenzkranke Menschen sollte entstehen. Verantwortlich für den Um- und Neubau war das Architekturbüro Stäheli Partner aus Frauenfeld mit Pascal Palmieri als Projektleiter. Die Lichtplanung wurde durch die Zürcher Firma von Michael Josef Heusi übernommen, die Farbgestaltung durch Anita Heeb aus Winterthur und ihr Unternehmen Kontur.

Bauherrin und Architekten wünschten eine Einheit der beiden Gebäude. Mit Pascal Palmieri hatten die verantwortlichen Lichtdesigner der Michael Josef Heusi GmbH einen Partner, der sich von Beginn an offen zeigte für ihre Ideen und Vorschläge. Dies sei, so Michael Josef Heusi, für eine erfolgreiche Zusammenarbeit eine glückliche, nicht immer selbstverständliche Fügung. Zudem, ein weiteres wichtiges Kriterium, wurden die Lichtdesigner bereits in einer frühen Projektphase in die Planung einbezogen. Es wurden gemeinsam Ideen entwickelt und man bildete rasch ein gutes Team. Dazu sagt Heusi: «Es war ein wichtiger und logischer Prozess – ein miteinander Lösungen entwickeln und gegenseitiges Lernen.»

Farben und Licht spielen bei der Gestaltung der Innenräume eine zentrale Rolle. (Foto: Ralph Heider / Pascal Palmieri)
Foto: Ralph Heider / Pascal Palmieri
Blick in die grosszügigen Aufenthaltsbereiche im Haus K (Foto: Ralph Heider / Pascal Palmieri)

Der innere Kern des renovierten Gebäudes Haus U – mit Küchen zum gemeinsamen Kochen, den Technik- und Nebenräumen – wird vom Korridor, dem «Rundlauf», umschlossen. Das Haus U weist eine geringe Raumhöhe auf, daher kamen Wandleuchten in unterschiedlicher spielerischer Setzung zum Einsatz, die den gegenüberliegenden, holzverkleideten Kern illuminieren und trotz Abwesenheit des Tageslichts eine helle Atmosphäre schaffen. In Dreiergruppen angeordnet, verteilt sich der Lichtstrom auf mehr Fläche und minimiert dadurch die Blendung. In Aufenthaltsräumen und Patientenzimmern können unterschiedliche Lichtszenen geschaltet und manuell gedimmt werden. Grossformatige Schirmleuchten, ins Farbkonzept integriert und ebenfalls in Dreiergruppen angeordnet, spenden ein weiches Grundlicht, das mit Einbau-Downlights zu unterschiedlichen Stimmungen abgemischt wird. Über jeder Eingangstüre zu den Patientenzimmern ist ein Downlight angebracht. Der entstehende sanfte Lichthof unterstützt das Gefühl von «Zuhause sein» und lässt die Patienten, die sich im Korridor aufhalten, im leicht schattigen natürlichen Licht erscheinen. So entsteht der Eindruck einer sympathischen Hotel-, nicht aber einer Spitalatmosphäre. 

Die Treppenanlge im renovierten Haus U (Foto: Ralph Heider / Pascal Palmieri)
Blick in eines der Patientenzimmer der Klink (Foto: Ralph Heider / Pascal Palmieri)

Der «Rundlauf» unterstützt auch die Bewegung im Raum, er mündet in Aufenthaltsräumen und erleichtert die Orientierung für Patienten und Pflegende. Gleichzeitig ist er beliebter Treffpunkt, nicht zuletzt dank seiner angenehm diffusen Ausleuchtung der Wände, ergänzt mit leicht schattiger Akzentuierung der Türen und der sich in der Nähe aufhaltenden Personen. Die tiefgezogene Polycarbonat-Abdeckung der Leuchten wurde zusätzlich gesichert, um Vandalismus und Selbstverletzung auszuschliessen. Mehrere Tests zwischen Produzentin und Lichtdesigner waren notwendig, bis die gewünschte Lichtqualität mittels geeigneter LED-Platinen erzielt war. Alle Bestandteile der Leuchten sind demontabel sowie austauschbar und erleichtern somit den Unterhalt, denn auch im Kleinen war Nachhaltigkeit von Anfang an ein wichtiges Thema. Die hohe Farbwiedergabe und die mit 3000 Kelvin warme Farbtemperatur des gewählten Lichts wirken lindernd bei Angst oder Unsicherheit und schenken den Menschen, die temporär oder permanent hier wohnen, ein kostbares Gut: Wohlbefinden. 

Der «Rundlauf» genannte Korridor erleichtert die Orientierung für Patienten und Pflegende. (Foto: Ralph Heider / Pascal Palmieri)

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