Der erste Laubholzbau

Manuel Pestalozzi
3. Juni 2015
Aussenansicht House of Natural Resources. Bild: ETH Zürich/Marco Carocari

Das schlichte HoNR ist ein Solitär und bietet 28 Büros und 53 Arbeitsplätze für die Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW). HoNR ist aber auch ein Labor, in dem insgesamt acht verschiedene Forschungsprojekte der ETH auf ihre Tauglichkeit untersucht werden.
 
Vor allem für den Holzbau signalisiert das neue Gebäude einen Aufbruch. Bei den oberen beiden Geschossen des HoNR kam ein experimentelles Tragsystem aus Laubholz mit Stützen und Unterzügen, zur Anwendung. Entwickelt und hergestellt wurde es in wenigen Schritten Entfernung, im hauseigenen Institut für Baustatik und Konstruktion. Die Verwendung von Laubholz ist eine Weltneuheit, mit der man auf die klimabedingte Verdrängung des Nadelholzbestandes in unseren Breiten reagieren möchte.

Bild: ETH Zürich/Marco Carocari

Die Stützen bestehen aus Eschen-Brettschichtholz, die vier unterersten Schichten der ebenfalls aus Brettschichtholz bestehenden Unterzüge stammen auch von diesem Laubbaum. Zur «Grammatik» des Bausystems gehört ausserdem die zentrisch geführte Vorspannung der Unterzüge über Stahlkabel. Das System, das sich optimal die hohe Druckfestigkeit des Laubholzes zu Nutze macht und bis zu zehn Geschosse ermöglichen soll, ist experimentell und noch unerprobt. «Wir bauten nach eigener Verantwortung», kommentiert Professor Andrea Frangi vom Institut für Baustatik und Konstruktion die Pioniertat. Der Bauingenieur ist einer der geistigen Väter des HoNR.

Laubholzstütze. Bild: ETH Zürich/Marco Carocari

Eine weitere Weltneuheit, die im Experimentalbau erprobt wird, ist die Holz-Beton-Verbunddecke. Eine verlorene Schalung aus Buchenholz wird dabei mit Beton ausgegossen. Vertiefungen in dieser Schalung, die an eine Kassettendecke erinnern, stellen den Verbund her. Auf eine «richtige Kassettendecke» mit einer Spannweite von 6,5 Metern trifft man im zentralen, überhohen Sitzungsraum im obersten Geschoss. Eine Brettsperrholzplatte und ein auf Zug belastetes Raster aus Lamellen, beide in Buche, sorgen für eine biaxiale Lastabtragung. «Diese Deckensysteme sind eine echte Alternative zu Stahlbetondecken», sagt Professor Frangi zu den beiden Flächentragwerken, die ebenfalls unter ständiger Beobachtung stehen. Sie sind leicht, schnell herzustellen und kostengünstig. Am HoNR kam zu 80 Prozent einheimisches Holz zum Einsatz, auch dies trägt zur Nachhaltigkeit des Gebäudes bei.

Biaxiale Decke aus Laubholz. Bild: ETH Zürich/Marco Carocari

Wie jedes Haus ist auch dieser Neubau auf dem Hönggerberg eine Summe von Teilen, die sich als Gesamtes nun bewähren muss. Gespannt wartet man auf erste Erkenntnisse, denn das nachhaltige Bauen könnte mit den hier geprüften neuen Erfindungen entscheidende Fortschritte machen. Die Website www.honr.ethz.ch hält Interessierte auf dem Laufenden.

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