Ein Trottoir-Laboratorium von Google

Manuel Pestalozzi
12. Juni 2015
Bild: sidewalkinc.com

Google Tycoon Larry Page schreibt in seinem Blog, er sei ganz aufgeregt, wenn er an das Potenzial der neuen Firma denke. Das Ziel ist es, der ständig wachsenden Bevölkerung grosser Städte Dienste zu erweisen und die Ballungszentren dadurch effizienter und in Echtzeit zu organisieren. Sidewalk Labs will im urbanen Raum die Schnittstelle zwischen der physischen und der digitalen Welt besetzen. Im Fokus stehen Apps, die Auskunft geben über Verkehrsverhältnisse, Wohnungs- und Büroangebote etc. Das digitale Angebot soll Kosten, Zeit und Energie einsparen.
 
Geführt werden die Sidewalk Labs von Daniel L. Doctoroff. Dan ist ein Businessman, dessen Karriere gemäss en.wikipedia.org als Investment Banker bei den Lehman Brothers seinen Anfang nahm. Er bemühte sich darum, die Olympischen Sommerspiele von 2008 nach New York zu holen, was trotz einer erfolglosen Bewerbung zu Verbesserungen an der städtischen Infrastruktur führte. New Yorks Bürgermeister Bloomberg ernannte Dan zu seinem Vize, zuständig für die wirtschaftliche Entwicklung und die bauliche Erneuerung. Während seiner Amtszeit wurden im Big Apple, immer laut wikipedia.org, eine grosse Menge an neuen Wohn- und Gewerberbeflächen aber auch Parkraum geschaffen, unter anderem die High Line, die Promenade auf der einstigen Trasse der Hochbahn. Dan wird also seine Idee von Stadt haben und diese in das Unternehmen einbringen.
 
Wie es den Anschein macht, bereiten die Sidewalk Labs nicht eine weitere Invasion des öffentlichen und privaten Raums im Sinne von Street View vor. Die Wahl des Begriffs Sidewalk wirkt etwas willkürlich, das neue Angebot wird man wohl auch daheim, im Büro, in der Beiz, in der S-Bahn oder im Auto nutzen können. Doch es ist erfreulich, dass der Wert des Trottoirs für einen qualitativ hochstehenden Stadtraum dadurch gewürdigt wird. Stirnrunzeln löst allenfalls der Gedanke an die Veränderung des Verhaltens von Stadtmenschen aus. Der digitale Taylorismus, der Google den Metropolen in Aussicht stellt, scheint nicht viel übrig zu haben für den Flaneur, der Musse hat, mit offenen Augen und Ohren dem Gehsteig entlang spaziert und die Aufmerksamkeit der unmittelbaren Umgebung schenkt.

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