Fritz Haller aus heutiger Sicht

Manuel Pestalozzi
29. April 2016
Gelb ist es, und gewichtig. Das neue Buch über Fritz Haller an der Buchvernissage im Wohnbedarf Zürich. Bild: Manuel Pestalozzi

Für die Buchvernissage vom 26. April suchten sich die Verantwortlichen einen treffenden Ort aus. Man hätte sie natürlich auch in Solothurn, Münsingen oder Windisch feiern können. Im Einzugsgebiet der Aare hatte Fritz Haller zeitlebens seine Basis. Dort stehen die meisten seiner Bauten. Aber wenn es schon Zürich sein musste, dann war das Verkaufslokal des Wohnbedarfs gesetzt. Das Unternehmen ist eng verbunden mit der Schweizer Moderne – und es verkauft seit 1965 die USM Haller-Möbel, die immer weit mehr als Bürobedarf waren. Auf einem dieser ebenso schlichten wie eleganten, modular aufgebauten Möbeln aus poliertem Stahl und farbigem Blech stapelten sich an besagtem Abend denn auch die ersten Exemplare des gelben, 344 Seiten starken Bandes, das einen frischen Blick auf Hallers Werk wirft.
 
Der gta Verlag gehört zum Institut für Geschichte und Theorie der Architektur gta der ETH Zürich. Diesem wurde der umfangreiche Nachlass Fritz Hallers anvertraut. Der Autorin und den Autoren stand somit umfangreiches Material zur Verfügung. Beteiligt haben sich am Buch aber auch Personen, die mit dem Architekten persönlich in Kontakt standen: Arthur Rüegg, Franz Füeg, Luigi Snozzi, Thomas Herzog. Kurt Breiter und Christian Müller, ehemalige Mitarbeiter von Fritz Haller, die mit ihrem Büro 2bm architekten in Solothurn sein Vermächtnis pflegen, steuerten ein liebevolles Porträt ihres einstigen Chefs bei.
 
Das Schaffen von Fritz Haller hatte eine unglaubliche Breite und wird trotzdem als Einheit empfunden. Es war vom Möbeldetail bis zum kompletten Stadtorganismus durchdrungen vom Bedürfnis «zu verstehen», wie sich Herausgeber Georg Vrachliotis in seiner kurzen Ansprache im Wohnbedarf äusserte. Die Essays, die im Buch den grössten Raum einnehmen, gehen auf die vielseitigen Aspekte des Wirkens von Haller ein, zu der auch ein Forschungsaufenthalt bei Konrad Wachsmann in Kalifornien und die Lehrtätigkeit an der Universität Karlsruhe zählen. Schliesslich wird auch ein Bezug hergestellt zum heute wieder sehr aktuellen Thema der Automatisierung von Fertigungs- und Montageprozessen. Fritz Haller scheint, das glaubt man in seinem Schaffen zu erkennen, die Digitalisierung der Welt vorausgeahnt zu haben.
 
Laurent Stalder, Georg Vrachliotis (Hg.)
Fritz Haller - Architekt und Forscher
2015. 22,5 x 30 cm, Hardcover
344 Seiten, 277 Abbildungen
ISBN 978-3-85676-334-3
89.00 CHF / 85.00 EUR
Verlag gta
 

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