Grosses Kino

Jenny Keller
15. Mai 2014
Das neue Razzia. Bild: Martin Guggisberg

Die neuen Betreiber schreiben im Pressecommuniqué, dass mehrere Eingriffe den ehemals prächtigen, mit Wand- und Deckenmalereien verzierten Saal regelrecht verunstaltet haben. Eine schalldämmende Holzkonstruktion wurde in den 1950er-Jahren ohne Rücksicht auf Verluste direkt in die Fresken verschraubt, und so haben die Architekten (beteiligt sind Moser Wegenstein beim Entwurf des Neubaus und Hemmi Fayetbei der Ausführung von Um- und Neubau) in enger Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege die Löcher in der Decke geflickt, die schadhaften Malereien aber bewusst nicht ergänzt. Entstanden ist so eine Oberfläche, die zwar unvollkommen und an einigen Stellen kaputt ist, dafür die Geschichte nicht negiert und keine Hochglanz-Stimmung evoziert.

Feines Detail. Bild: Martin Guggisberg

Alle übrigen Details (zum Beispiel der Lichtschalter, der in die Oberfläche der Bar integriert wurde, oder die Griffe der Barschubladen, die halt auch im Blickfeld der Gäste sind) wurden mit grosser Liebe und Sinn für das Handwerk entwickelt, und so kann man sagen, dass jeder Eingriff stimmt. Man scheute bei der Möblierung keinen Aufwand und hat den Raum reichlich und ganz unschweizerisch üppig ausstaffiert: Englische Tapeten, riesige Empirelüster, eine lebensgrosse Giraffe aus Stoff, und eigens angefertigte Canapés und Stühle versprühen Eleganz und sind trotzdem nicht «too much». Den Sinn für das Ganze immer vor Augen, haben die Innenarchitektinnen das Interieur auch im Neubau von Hemmi Fayet fortgesetzt, wo sich die Bar befindet. So schafft die Innenarchitektur – neben einer einmaligen Atmosphäre – den Spagat, zwischen Neu und Alt zu vermitteln, und beweist hier, dass sie mehr ist als reine Dekoration, für die sie leider oft gehalten wird.

Die Bar im Neubau. Bild: Martin Guggisberg
Die Toiletten sind ein Must beim Besuch des neu renovierten Razzia. Bild: Martin Guggisberg

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