Schlüsselübergabe im Kunsthaus Zürich

Manuel Pestalozzi
11. December 2020
Pipillotti Rists Lichtmast bei der Büste von Ignaz Heim ist integraler Teil des Kunsthaus-Ensembles. (Foto © Juliet Haller, Amt für Städtebau, Zürich)

Es ist vollbracht: Der Erweiterungsbau des Zürcher Kunsthauses von David Chipperfield konnte zwölf Jahre nach dem Architekturwettbewerb und knapp fünfeinhalb nach Baubeginn der Stiftung Zürcher Kunsthaus (SZK) als Eigentümerin übergeben werden. Für Betrieb und Nutzung zeichnet die Zürcher Kunstgesellschaft (ZKG) verantwortlich, der Trägerverein des Kunsthauses.

Eine mehrgeschossige Halle verbindet den Heimplatz über eine Monumentaltreppe mit dem hangseitigen «Garten der Kunst». (Foto © Juliet Haller, Amt für Städtebau, Zürich)
Die Säle präsentieren sich aktuell noch in nacktem Zustand. (Foto © Juliet Haller, Amt für Städtebau, Zürich)
Ein Mehr an Kultur, 2000-Watt-kompatibel

Der Neubau, der zwei historische Turnhallen samt ihres Sportplatzes ersetzt, soll den Heimplatz am östlichen Rande der Zürcher Altstadt städtebaulich aufwerten. Er ist als Teil eines Ensembles mit den älteren Kunsthausbauten zu betrachten. Ein Tunnel unter dem Platz verbindet die Erweiterung mit dem Bestand. Hinzu kommt das Schauspielhaus, das den Heimplatz, benannt nach einem Volkslieder-Komponisten aus dem 19. Jahrhundert, noch mehr zum Ort der Kultur macht. Einen Beitrag dazu leistet die Kunst-am-Bau-Arbeit von Pipilotti Rist. Die Künstlerin hat mit «Tastende Lichter» eine Licht- und Videoinstallation konzipiert, die auf dem ganzen Heimplatz erfahrbar ist. Im Zentrum steht ein Mast, der in den Abendstunden der dunkleren Jahreszeit farbige Lichtflächen auf die umliegen­den Fassaden- und Bodenflächen projiziert. Er wirft schon seit einigen Tagen seine wandernden «Tolggen» in die Umgebung.

Kulturbauten bedürfen hinsichtlich Realisierung und Betrieb für gewöhnlich viel Energie. Der Neubau soll davon besonders wenig beanspruchen. Er sei im Sinne der 2000-Watt-Gesellschaft wegweisend, schreibt die Bauherrschaft mit Stolz in ihrer Pressemitteilung anlässlich der Schlüsselübergabe. Der gesamte Energiebedarf für die Erstellung und den Betrieb liege im Vergleich zu bestehenden Museen neueren Datums wesentlich tiefer – auf die Treibhausgasemissionen bezogen entspreche dies einer Reduktion um 75 Prozent. Grossen Anteil an den CO2-Einsparungen haben die kompakte Gebäudeform, das Erdsondenfeld, die Photovoltaik-Anlage und die LED-Beleuchtung.

Der Shop an der Ecke Heimplatz / Kantonsschulstrasse wartet mit dezenten Einbaumöbeln auf. (Foto © Juliet Haller, Amt für Städtebau, Zürich)
Eröffnung im kommenden Herbst

Auf die Schlüsselübergabe am 11. Dezember hätte eigentlich ein Wochenende der offenen Tür folgen sollen, das dem Publikum Gelegenheit gegeben hätte, das leere Museum zu bewundern. Es musste wegen der aktuell kritischen epidemiologischen Lage bis auf Weiteres verschoben werden. Für April und Mai 2021 beabsichtigt das Kunsthaus, zu einer Preview einzuladen, mit Performances, Führungen und der Installation erster, nicht klimasensibler Werke. Über den Sommer 2021 soll der Chipperfield-Bau wieder geschlossen werden. Dann ist der Einzug der «wertvollen Kunst» geplant. Und am 9. und 10. Oktober 2021 steht die grosse Eröffnung auf dem Programm – die Erstpräsentation der Kunsthaus-Sammlung beiderseits des Heimplatzes zusammen mit den hochkarätigen, aber auch teils historisch belasteten privaten Sammlungen Bührle, Merzbacher und Looser. 


Der Architektur des Erweiterungsbaus widmen wir uns nach unserer Weihnachtspause im Januar kommenden Jahres.

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