geortet: Markthalle in Basel

Inge Beckel
20. März 2013

2005 wurde ein Investorenwettbewerb lanciert, woraus 2006 der Entwurf von Blaser Architekten als Sieger hervorging. Doch ging es keineswegs nur um die bauliche Sanierung der Halle, vielmehr gehören die Randbauten mit zum Ensemble. Das Konzept sah nun vor, die bestehenden Bauten zu erhalten und um ein Wohnhochhaus von vierzehn Geschossen in der Nordostecke des Areals zu ergänzen. Das Hochhaus – realisiert von Diener und Diener Architekten – wurde im Minergie-Standard gebaut, Kuppel und Flachdächer in demselben Standard saniert.

Der neue Nutzungsmix für den Kuppelbau und die Randbauten heisst: Eventhalle und Läden, Gastrobetriebe, Büroflächen und Wohnen. Die Halle besitzt zudem ein öffentliches Wegrecht, das sinngemäss vom Gebiet um den Bahnhof im Südosten zur Innenstadt gegen Nordwesten führt.

Weiterbauen, weiternutzen
Nun zur Nachhaltigkeit. Primär ist es sicherlich einmal nachhaltig, ein gut 80 Jahre altes Bauwerk, das längere Zeit leer stand, neu zu nutzen und derart wieder in den aktiv bespielten, urbanen «Gebäudepark» zu integrieren. Damit werden einerseits materielle Ressourcen geschont, indem bestehende weiterverwendet werden, andererseits wird ein zentraler Ort reaktiviert und entsprechend die Ressource Boden nachhaltig genutzt.

Weiter ist für ein derart zentral gelegenes Areal eine durchmischte Nutzung angebracht und damit nachhaltig, als Arbeitnehmerinnen, Konsumenten sowie die Leute, die auf dem Areal wohnen, bestens an den öffentlichen Nah- und Fernverkehr angeschlossen sind und auch vieles gut zu Fuss erreichen können. So sind die Laden- und Gastrobetreiber der Randbauten mit ihren Räumlichkeiten und dem Gang der Geschäfte zufrieden und die Büros sowie Wohnungen im Hochhaus begehrt.

Nur die räumlich wohl sehr attraktive, architektonisch und denkmalpflegerisch sorgfältig sanierte Halle aber stellt im Moment noch eine Herausforderung dar. Dies insofern, als jene dort angesiedelten Läden noch nicht die erwünschten Nutzerfrequenzen erreicht haben und die Halle selbst derzeit von zu wenigen Events genutzt wird.

Klimazonen Die Gründe dafür sind wohl in unterschiedlicher Hinsicht zu suchen. Primär einmal liegt die Halle mit ihren Ladeneinbauten zurückversetzt von der Strasse; Passanten erkennen den «verborgenen Ort» beim Vorbeigehen nicht sofort.

Im Weiteren ist es für uns moderne Menschen sicherlich ungewohnt, eine Türe zu durchqueren und nach Eintreten in einen Raum klimatisch noch immer (fast) draussen zu sein. Doch ist die Überlegung, eine derart grosse Halle, die nie als voll beheizter Innenraum gedacht war, entsprechend nicht «richtig» beheizen zu wollen, sondern nur zu temperieren, nachzuvollziehen und im Grundsatz auch richtig – in jedem Fall unter Nachhaltigkeitsaspekten.

Hierzu sagt nun Architekt Christian W. Blaser etwas sehr Interessantes und wohl Zukunftsweisendes im Interview. Er fragt sich, ob es – jedenfalls im Falle der Basler Markthalle – nicht nachhaltiger sei, das eigene Nutzerverhalten dem Ort anzupassen als den Bau klimatechnisch aufzurüsten. Mit anderen Worten: Wenn ich in der kalten Jahreszeit meine Jacke oder meinen Mantel anbehalte, obwohl ich räumlich drinnen bin, ist dies für die Umwelt und finanziell wohl nachhaltiger, als wenn er, als verantwortlicher Architekt, eine derart grosse Halle als beheizbaren Innenraum technisch nachrüstet – auch wenn die eingebauten Geräte nachhaltigkeitszertifiziert sind.

Entwerfer, Betreiber, Besitzer
Ein weiterer Grund, warum die Bespielung der zentralen Halle noch nicht ganz überzeugt, liegt wohl in den Verantwortlichkeiten. Das Nutzungskonzept stammt von Blaser Architekten AG, die die historische Kuppel als wertvollen Raum erkannt haben und ihn der Öffentlichkeit zuführen wollen. Die Investorin und Bauherrin Allreal setzte den Fokus mehr auf das Bauen als Generalunternehmerin als auf den Betrieb, während nun die neue Besitzerin, die Credit Suisse, die Immobilie als Anlage betrachtet. Der Betreiber muss sich also der Aufgabe gegenüber sehen, die Räume zu vermieten und sich gleichzeitig dem Ort mitsamt seiner Herausforderung speziell verpflichtet zu fühlen – diesbezüglich ist nun hoffentlich mit einer neuen Betreiberin Bewegung in die Sache gekommen.

Die Herausforderung aber heisst, was kann eine Markthalle heute sein? Christian W. Blaser spricht von Events, die mitunter auch die Laden- und Gastroinhaber initiieren könnten. Eine (sommerliche) Modenschau beispielsweise. Eine Art Oktoberfest könnte man sich vorstellen, das mittlerweile ja in fast jeder grösseren Schweizer Stadt Herbst für Herbst vonstatten geht. Oder es könnte ein schöner Ort für Ausstellungen von Architekturwettbewerben sein. Oder der Austragungsort eines Poetry-Slam-Wettbewerbs?

Grundsätzlich, so kann man wohl sagen, brauchen die Räume eine Vision und persönlich mit ihnen verbundene Menschen, um den ungewöhnlichen Ort auch kommerziell zu einem schönen Ergebnis führen zu können. Und letztendlich braucht es den Willen und das Bewusstsein von Seiten aller Beteiligten, neben der Anlage oder dem Geschäftsergebnis, die gepflegt sein wollen und müssen, auch einen gemeinschaftlichen, einen öffentlichen Ort zu ermöglichen und zu pflegen.

Vorbildlich
Das Projekt Markhalle ist ein ungewöhnliches Projekt. Eine derart grosse Halle im Minergie-Standard zu sanieren, ist eine ausserordentliche Leistung. Die Sanierung der Betonkuppel fand hart an der Grenze zwischen Minergie-Tauglichkeit und Tragfähigkeit statt. Gleichzeitig ist es ein vorbildliches Projekt, indem es sich an einen speziellen urbanen Ort herangewagt hat, für den das Publikum erst noch gewonnen werden muss – schliesslich ist die Halle der Öffentlichkeit ja erst seit der Wiedereröffnung letzten Jahres zugänglich. Es braucht also Verantwortung, Mut, Ideen, auch Mittel – und wohl etwas Ausdauer. Ein neues Betriebskonzept jedenfalls soll in diesen Tagen den Medien vorgestellt werden.

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